Tokyo Showdown

22 Okt

Auf dem Gipfel des kulinarischen Olymps

Hier bin ich also. Tokyo Showdown! Die finale Endstation meiner kulinarischen Entdeckungsreise.

Nach bald zwei gefrässigen Monaten, in denen ich mich wie ein Wurm im Apfel durch sechs asiatische Länder gefuttert habe, bin ich (fast) am Ende meines Abenteuers angelangt. Tokyo: die gastronomische Welthauptstadt! Hier gut essen ist keine Kunst! In dieser Stadt gibt es mehr Michelin-Sterne als sonst irgendwo auf der Welt – mehr als doppelt so viele wie in Paris! Ein Paradies für jeden Gourmet und alleine der Küche wegen schon eine besondere Reise wert.

Aber auch sonst: Tokyo ist gewaltig! Der erste Blick aus meinem Hotelzimmer im 32. Stock machte mich sprachlos. Lost in translation? Absolut!! Knapp 23 Millionen Menschen essen hier. Die City of Lights erstreckt sich über eine erstaunliche Fläche, fast bis in die Unendlichkeit! Hier findet man Fahrschulen auf Dächern, Schreine über Tunnel, Kinos in Brückenpfeilern, Strassen-Fly-over, die sich um die oberen Stockwerke von Bürogebäuden schlängeln, riesige, knallige Videowände, die für Getränke, Mobiltelefone und Popstars werben und gefühlte Millionen von Menschen, die gleichzeitig über die wohl abgefahrenste Kreuzung der Welt, in Shibuya, branden. Das hier hat keine Ähnlichkeit mit allem, was ich bisher kannte! Das Leben am anderen Ende des Teichs ist anders.
Sehr anders. 

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Love it or hate – dazwischen gibt es wohl nichts. Tokyo ist eine wahrhaft hypnotisierende Metropole, die jede andere Megacity in den Schatten stellt. Die Metropolregion Tokyo, zu der die vier Millionenstädte Tokyo, Yokohama, Kawasaki und Saitama gehören, hat 35 Millionen Einwohner – sie ist der grösste Ballungsraum der Welt.

Diese Stadt ist ultramodern und gleichzeitig tiefst traditionell. Das spürt man auch in der Küche: von klassisch bis durchgeknallt gibt’s hier alles. In einer Stadt mit über 160’000 (!) Restaurants hat man buchstäblich die Qual der Wahl. Die Tokyoter scheinen besessen von gutem Essen. Jedes zweite Gebäude, an dem man hier vorbeischlendert, ist ein Restaurant, eine Imbussbude, eine Kneipe oder irgend etwas dazwischen. Egal ob klassisch japanisch, Nouveau-Japonais, französische Haute-Cuisine, leichte italienische Küche oder verrückte Fusion wie Udon-Nudeln à la Carbonara. In Tokyo sind sie alle da!

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Renommierte Küchenchefs aus der ganzen Welt liefern sich hier ein regelrechtes Wettrennen im Gründen von neuen Restaurants. Die französischen Legenden Michel Troisgros, Pierre Gagnaire, Paul Bocuse, Alain Ducasse, Joël Robuchon: sie alle sind mit kulinarischen Botschaften hier vertreten, genauso wie die Engländer Gordon Ramsay und Jamie Oliver. Diverse italienische, australische, spanische und amerikanische Berühmtheiten sowie der aus Österreich stammende und in Los Angeles berühmt gewordene Wolfgang Puck betreiben hier Restaurants.

Ein schlechtes Gericht in Tokyo aufgetischt zu bekommen? Kein Koch kann sich das hier leisten! Und einmal mehr zeigt sich auch hier: Japan ist das Paradies für Feinschmecker. Wer Essen liebt, bei dem sollte diese Stadt zwingend auf dem Radar stehen! Come to Tokyo, come and feel it! And bring an empty belly!

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Bald sind sie um: drei Wochen Japan und eine hinreissende Vielfalt an mundwässernden Speisen, die ich hier probieren durfte. Ich bin einem kunterbunten Land begegnet, deren hart arbeitende, freundliche und stets äusserst zuvorkommende Menschen mir noch lange in guter Erinnerung bleiben werden. Und trotzdem: es gibt auch Dinge, die nerven bzw. die nachdenklich stimmen.

Japaner lieben es offensichtlich, ihren Müll mit sich rumzutragen. Abfalleimer sind, selbst in hoch frequentierten Bereichen wie Bahnhöfen, absolute Mangelware in diesem Land. Und wenn man mal das Glück hat und endlich einen findet, dann ist er bloss für PET-Flaschen und Alu-Büchsen vorgesehen und weist über entsprechend kleine Öffnungen auf.

Wer sich in Tokyos Strassen einer Trinkflasche, eines Eisbechers oder eines simplen Papiertaschentuchs entledigen will, der macht eine unangenehme Erfahrung. Es gibt keine Abfalleimer in dieser Millionenmetrople!! Die eigene Tasche wird zum Zwischenmülldepot, das man überall mit sich rumschleppt, bevor man es daheim oder im Hotel endlich entsorgen kann.

Aber trotz dem Mangel an Abfalleimern: das Land ist sauber, sehr sogar! Nun könnte man vielleicht argumentieren, dass man ja käumlich so viele Eimer braucht, weil man ja eigentlich gar nicht so viel Müll produziert. Jein.

Japaner sind absolut verpackungssüchtig. Alles hier wird doppelt und dreifach eingepackt. Ich habe es erlebt, dass mein Kaffeebecher vom Take Away noch zusätzlich in eine Plastiktüte verpackt wurde und ich eine Tüte für einen einzelnen Schoko-Riegel kriege! Stimorol-Kaugummis sind, in der Packung drin, allesamt nochmals einzeln verpackt! Warum?
Das weiss kein Mensch hier!

Genau so verrückt ist die Geschichte der wandelnden Wassermelone! Wer Japan bereist hat und in einem der grossen depachiko (Department Stores, meist voll mit den herrlichsten Fressalien!) war, der kennt sie:
the supermodels of fruit!

In diesen Läden findet man Äpfel und Mangos für sage und schreibe 50 Euro das Stück!! Zwei Melonen für umgerechnet 140 Euro! Ich habe eine Packung mit vier (!), zugegeben wunderschönen, Steinpilzen für unglaubliche 400 Euro gesehen. Das ist der nackte Wahnsinn! Wie es dazu kommt? Nun, ich habe mich ein wenig informiert…

Zu Beginn der Saison geht der Bauer offensichtlich zu seinem Mangobaum hin, pickt sich die schönste und prächtigste aller Mangos raus und dann schneidet der Depp alle anderen Früchte vom Baum runter! Er glaubt, dass nur so die Pflanze die Möglichkeit hat, sämtliche Kraft und Energie in die Vollendung dieser einen und über alle Massen die restlichen Früchte übertreffenden Mango zu stecken. Und diese, zugegeben wirklich prachtvollen Exemplare werden anschliessend an die zahlungsbereiten Kunden zu horrenden Fantasiebeträgen verkauft.

Nun ist es natürlich keineswegs so, dass sich jemand für 70 Euro eine Melone kauft und mal rasch zum Picknick mitnimmt. Nein. Diese Früchte sind einzig und allein als Geschenke vorgesehen. Dazu muss man wissen, dass die Japaner ganz vernarrt aufs Schenken sind. Gebot Nummer Eins dabei: das Geschenk inklusive der Verpackung muss besonders hochwertig und sichtlich teuer sein. Mit selbst gemachter Marmelade beeindruckt man hier niemanden!

Der Beschenkte also, wohlwissend um den hohen Preis der Wassermelone, die man ihm soeben geschenkt hat, käme natürlich niemals auf die Idee, diese selbst zu verspeisen. Nein. Er schenkt sie weiter und so wird es ihm der Nächste gleich tun. Das Spiel geht so lange, bis die Melone weich und matschig ist, sie keiner mehr essen will und sie im Müll landet. Verrückt!

Don’t get me wrong: ich bin keineswegs einer, der über die fremdartigen Kulturen, Sitten und Traditionen anderer Länder urteilt, im Gegenteil. Aber das hier ist so ziemlich das bescheuertste, was ich jemals gehört habe!

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Und trotzdem: Japan ist ein herrliches Land und die Japaner sind die höflichsten Menschen der Welt. Selbst Besoffene ziehen sich die Schuhe aus, bevor sie es sich sturzbetrunken auf einem U-Bahn-Sessel gemütlich machen. Und nach der Arbeit geht man nicht heim. Nein, man geht einen trinken – gemeinsam mit den Kumpels von der Arbeit. Man stellt sich zwei, drei, vier (oder fünf?) Sake hinter die Bimse, geht Karaoke singen und torkelt jammernd durch die Strassen. Vielleicht kotzt man seinem Boss auf die Schuhe und nennt ihn Arschloch, who cares? Womöglich nimmt er dich huckepack und trägt dich nach Hause! Solange du morgen wieder pünktlich zur Arbeit erscheinst – it’s all fine!!

Jaja, Japan! Es ist und bleibt ein verrücktes, aber trotzdem unglaublich liebenswertes Land. Und wenn ihr hier her kommt, dann macht es wie ich…

Denn für mich bedeutet reisen zwangsläufig eine Sache: gutes Essen, welches ich zu Hause nicht finden kann! Ich bin fast immer einem Hype verfallen, also findet ihr mich vielleicht, geduldig wartend in der längsten Schlange, bewaffnet mit meiner Kamera und nüchternem Magen. Oder man entdeckt mich in diesem unentdeckten Juwel von Strassenkneipe, in einer fragwürdigen Nachbarschaft, mit einer Gabel (oder Stäbchen!) in der Hand und einem Lächeln auf dem Gesicht.  This is it! Food is my porn!
Und Tokyo ist sowas von the place to be!

Und falls ihr eine Reise hier hin plant? Well, well. Gratuliere! There’s so much to do, so much to see and most importantly, so much to eat! Ich bin echt in höchstem Masse eifersüchtig!

Und ihr daheim, seid gespannt! Denn da kommt noch was, bevor’s nach Hause geht… Stay tuned. Right here!

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4 Antworten zu “Tokyo Showdown”

  1. lieberlecker 23. Oktober 2015 um 09:51   #

    Für einen Foodie wie Dich ist Tokyo einfach eine extrem -tschuldigung- „geile“ Stadt … hab ich ein Glück und bin kein Foodie … ? … sonst wäre ich glatt mega eifersüchtig!
    Geniess den Rest und
    liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

    • marco 23. Oktober 2015 um 09:57   #

      Ja, die Stadt, die hat schon was!! In vielerlei Hinsicht. Aber ich freue mich auch wieder aufs beschauliche, gut überblickbare Züri ?

  2. Eva 23. Oktober 2015 um 13:22   #

    Ach Marco, so schnell wird das leider nichts mit einer erneuten Reise. Meine Schwester (die Japanologin) hat gerade ein Kind bekommen und ohne sie möchte ich ungern reisen. Ist viel schöner, wenn man einen privaten „Übersetzer“ dabei hat. Ich freue mich auf jeden Fall sehr über jeden deiner Berichte!
    Liebe Grüße,
    Eva

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  1. 4. Bloggeburtstag – die Wettbewerbsgewinner! | lieberlecker30. März 2016

    […] im Hause lieberlecker Nach seiner 2-monatigen Schlemmer- und Gourmetreise durch halb Asien, räumt Marco hier auch noch den ersten Preis ab! Er behauptet zwar, ich habe ihm sowieso ein Nachtessen […]

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