Chili Erntedankfest

Some like it hot!

Jeder der mich kennt, der weiss um meine Passion für Chilis! Scharfes Essen fasziniert mich seit jeher und ich kann davon kaum genug kriegen! Schon beim Gedanken daran wird mir warm ums Herz und meine Zunge hüpft in Erwartung brennender Hitze jauchzend auf und ab. So bevölkern seit mittlerweile vier Jahren Chilis in allen Farben, Formen und Schärfegraden meinen heimischen Garten und verschärfen mir die Vorfreude auf die Herbstmonate, in denen es wieder heisst: Chili Erntedankfest! Die schönste Zeit des Jahres!

Global warming – vom Nobody zum Küchenstar

Die Heimat der Chilis sind bekanntermassen Süd- und Mittelamerika sowie die Karibik. In Höhlen nicht unweit dem heutigen Standort von Mexico City fanden Forscher Überreste menschlicher Exkremente mit Saatkörnern. Diese belegen eindeutig, dass  die Schärfe bereits vor 9000 Jahren Einzug in den Küchen der amerikanischen Ureinwohner hielt. Funde zeigen auf, dass Chilis in Eintöpfen, Suppen und Maistortillas Verwendung fanden – nicht viel anders also, als heute in Süd- und Mittelamerika gekocht wird. Unsere Vorfahren entdeckten somit schon recht früh, was lecker schmeckt, angenehm brennt und obendrein auch noch gesund ist.

Kolumbus sei Dank, fanden die Chilis dann nach seiner historisch berühmten Seereise von 1492 und dem Irrtum, er hätte den Seeweg nach Indien entdeckt, bald mal auch den Weg nach Europa und von da zunächst nach Afrika und später nach Indien und ganz Asien! Wo immer die feurigen Früchte landeten, wurden sie schnell zum Starprodukt und festem Bestandteil der regionalen Küchen. Indien ist heute sogar einer der grössten Chiliproduzenten der Welt!

    

Bis Mitte der 90er-Jahre allerdings war der Konsum der scharfen Schoten hierzulande eher unbekannt und verpöhnt. Der gemeine Pfeffer stand bedingungslos an der Spitze der sogenannt scharfen Küche und im besten Fall verirrte sich höchstens hin und wieder mal eine langweilige Peperoncini in die hiesigen Pfannen und Töpfe. Damals galten vermeintlich höllisch-scharfe (zumindest auf dem Etikett) gewürzte Kartoffelchips bestenfalls als Anheizer und beim Mexikaner gesellten sich ein paar mit Essig übersäuerte Jalapeños unter die Nachos. Das war’s dann aber auch schon! Seit einigen Jahren aber wecken die heissen Früchtchen auch bei Herr und Frau Schweizer die Geschmacksknospen und sind mittlerweile auch bei uns sprichwörtlich in aller Munde.
Scharf ist plötzlich „in“ und das ist auch gut so!

Chilihead’s passion – die Chili-Selbstversorgung

Über Chili, Paprika & Co. gibt es dermassen viel zu erzählen, ich weiss eigentlich gar nicht recht wo ich beginnen soll. Aber ich fange doch am besten gleich bei mir selbst an! Meine heisse Liebe zu Chilis entwickelte sich schon früh, denn scharf gegessen habe ich eigentlich immer und darunter mussten wohl einige hin und wieder mal leiden.

Vor vier Jahren dann habe ich mir endlich ein Herz gefasst und mich selber im Chili-Anbau versucht – bis heute mit grossem Erfolg! Und wie bei jeglicher Fortpflanzung, ist das auch bei Chilis nicht anderst: am Anfang steht der Samen. Ganze 80 Stück habe ich mir damals gekauft und sie über Nacht in lauwarmem Kamillentee eingelegt. Das soll fiesen Keimen vorbeugen und die Samen ausserdem aufweichen, so dass sie anschliessend besser spriessen. Und es hat funktioniert! Hei, wie das schoss! Nach ein paar Tagen hatte ich wunderbare Keimlinge und mein Fenstersims verwandelte sich zunehmends in ein Mini-Gewächshaus.

    

Früh übt sich, wer im Sommer und Herbst reife Früchte ernten will! Da die meisten Sorten vom Auspflanzen bis zur benötigen Reife zwischen 60 bis 90 Tage, einige karibische Sorten sogar mehr als 120 Tage benötigen, erfolgt die Anzucht idealerweise bereits im Februar. Chili-Gärtnern ist somit -und das ist ja erst das Tolle daran- ein Hobby, welches einem beinahe das ganze Jahr über in Anspruch nimmt. Ja klar, im Februar da liegt bei uns natürlich draussen noch Frost! Deshalb benötigt man für den Anbau zu Beginn weg auch eine warme, helle Fensterbank, auf der die Samen kräftig wuchern können. Ab Mai, nach dem letzten Frost, ziehen die bis dahin zu stattlich-kräftig herangewachsenen Pflanzen dann ins Freie!

    

Dort fröhnen sie dann den ganzen Sommer und Spätherbst über der (hoffentlich anwesenden) Sonne, blühen kräftig, werden von Bienchen bestäubt, entwickeln dicke, pralle Früchte, blühen noch weiter, werfen scharfe Ernte ab und erfreuen sich einem liebevollen Gärtner, welcher in regelmässigen Abständen mit seinen Pflänzchen spricht und sich um ihr Wohlergehen bemüht. Der Dank und wie bereits erwähnt die schönste Zeit des Jahres zeigt sich dann so gegen Ende Oktober, wenn auch die letzten roten (oder je nach Sorte gerne auch grünen) Scharfmacher von den Stauden gelesen werden können. Auch Misserfolge gehören selbstverständlich dazu! Von Blattläusen über Sonnenbrand bis hin zu fiesem Hagel – alles schon erlebt und leider kann man fast nichts dagegen tun!

    

Mittlerweile habe ich meinen grünen Daumen schon an diversen Sorten ausprobiert. Darunter die klassischen und allseits beliebten Mexikaner wie Jalapeños, Serranos und Ancho, köstliche spanische Pimientos de Padrón (ein kulinarisches Weltwunder im Olivenöl gebraten und mit viel Fleur de Sel bestreut) und AOC-geschützte Piment d’Espelette. Letzere werden im französischen Baskenland angebaut und schmecken unverkennbar bekömmlich und leicht rauchig. Nur leider, seit der Piment d’Espelette im Jahre 2000 den begehrten AOC-Status (Appellation d’Origine Controllée) erhielt, ist er zum Kultgewürzen avanciert – mit all den üblichen Nebeneffekten und explodierenden Preisen!

Aber auch schärfere Kollegen wie karibische Golden Habanero (Vorsicht – reingebissen und er beisst zurück!), Ají Amarillo aus Ecuador oder beinahe äpfelgrosse Rocoto aus Peru gedeihen bei mir wunderbar. Meine Rocoto-Pflanze ist übrigens auch die einzige Staude, welche ich jedes Jahr im geschützten Dachstock überwintere und deren Stamm mittlerweile zu einem richtigen Baumstrunk herangewachsen ist.

    

    

Culinary Hot Spots – Charakterdarsteller (fast) aller Landesküchen

Dass Chilis heute so beliebt sind, hat wohl viele Gründe. Zum einen begeistert die unendliche Vielfalt an verschiedenen Farben, Formen und Geschmäckern jeden kulinarisch Besessenen und ermöglicht immer wieder neue, spannende Kreationen. Ausserdem löst die in den Früchten enthaltene Schärfe allgemeines Wohlbefinden in uns aus und kann erwiesenermassen bei Magenerkrankungen wahre Wunder bewirken. Tatsächlich können allerlei medizinische Beschwerden durch die Wirkstoffe im Chili geheilt oder gelindert werden. Auch wenn als Gegenleistung Zunge und Hals wohl entsprechend leiden werden müssen.

Aber über alle Heil- (und Nebenwirkungen – es brennt immer zweimal!) hinaus hat der Chili selbstverständlich auch einen hohen kulinarischen Wert! So wird er in allen Landesküchen der heisseren Regionen wie Süd- und Mittelamerika, Nord- und Westafrika, Südostasien, Indien und in vielen Regionen Chinas in teils überschwänglicher Menge verwendet.

In Mexiko für die scharf-würzige Paste Mole poblano, die aus diversen Gewürzen, Chilis und Schokolade besteht, in Afrika für Harissa oder Gewürzmischungen wie Berbere und Raz el Hanout, in Indien für Curries und Chutneys, in Korea für Kim Chi – oder aber auch in Ungarn für ein hausmännisch-scharfes Gulasch.

Heisser Charakterdarsteller mancher Landesküchen ist der Chili aber auch, weil er sich auf unzählige Arten kombinieren lässt! Stichwort Chili und Schokolade zum Beispiel: klingt zwar äusserst modern, ist es aber nicht. Denn dass diese Kombination ganz verführerisch mundet, wussten schon die Azteken zu schätzen. Xocoatl (genau – daher das Wort „Schokolade“) bedeutet in deren Sprache „bitteres Wasser“ und weist darauf hin, dass damals die Schoko zwar mit Chili und weiteren Gewürzen aromatisiert, aber nicht wie heute mit Milch, sondern mit Wasser vermischt getrunken wurde. Aber auch viele weitere Kombinationen funktionieren perfekt – dazu zählen Zimt, Sternanis, Muskat, Koriander und in meinen Augen auch Vanille!

Aber warum sind Chilis eigentlich scharf? Nun, bei den Chili-Pflanzen kam Mutter Natur auf die verschärfte Idee die leckeren Schoten vor tierischen Frassfeinden zu schützen, indem sie die Früchte mit einem äusserst scharfen Wirkstoff ausstattete: Capsaicin. Das funktioniert wunderbar bei Säugetieren, Vögel allerdings sind gegen die in den Schoten enthaltene Schärfe sozusagen immun. Dies ist aber nicht weiter schlimm, im Gegenteil: die Vögel fressen nämlich die Chili-Früchte und scheiden die Samen manchmal kilometerweit mit dem Kot -und somit gleich mit Dünger- wieder aus. Fortpflanzung einfach gemacht!

Die Schärfe der Chilis misst man übrigens in Scoville-Einheiten: der „Brenn-o-Meter“ beginnt bei Null (einfache Peperoni), steigert sich auf 2’500 Einheiten (klassische Tabasco-Sauce) und endet im Regelfall irgendwo zwischen 300’000 und 500’000 Scoville-Units für Killersorten wie Habanero, afrikanische Fatalii oder karibische Scotch Bonnet. Der schärfste Chili der Welt ist übrigens der sogenannte „Geister-Chili“ Bhut Jolokia (auch Bhi oder Naga Jolokia genannt). Ein Exemplar wurde mit über 1 Million Scoville-Einheiten gemessen, rund 400x schärfer als Tabasco(!). Er stammt -wen wundert’s?- natürlich aus Indien!

Es wird also heisser bei uns – auch im kulinarischen Sinne!

4 Antworten zu “Chili Erntedankfest”

  1. Posi 4. November 2012 um 09:53   #

    Hey Zügi, super Sache, diese Exkursion in die Welt der Chilis und ich stelle fest, dass Du dieses Thema wirklich im Griff hast ?

  2. Carmen 26. Juli 2015 um 15:23   #

    Genial, ich liebe Chillis, hatte vor 3 Jahren ca 30 Pflanzen, hab immer noch horrend viel der getrokneten Chllis?

    • marco 27. Juli 2015 um 21:43   #

      30 Pflanzen? Lago mio! Nicht schlecht. Und noch besser, dass du sogar noch welche übrig hast! Schreit doch förmlich nach einem hausgemachten Chili-Öl ?

      • Carmen 27. Juli 2015 um 22:12   #

        Gute Idee, ich hab noch so viel getrocknete Chillis.
        Und im Moment auch wieder 3 Pflanzen auf der Terrasse?

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